Warum uns Veränderungen in unserem Leben so schwer fallen

Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Wir halten gern an Beziehungen, an bestimmten Bedingungen fest, auch noch dann wenn wir wissen, dass sie uns nicht gut tun. Der Sprung ins sogenannte kalte Wasser wagen wir nur sehr ungern. Ein neues Jahr liegt in seiner Reinheit vor uns. Es ist wie ein ungeschriebenes Blatt. Wunderbar denken wir, endlich kann es losgehen - Neues Spiel / Neues Glück ! Ein neues Spielfeld, um das Schöne zu entdecken, reichlich Zeit, um Hindernisse hinter uns zu lassen, uns von unseren " Altlasten " zu befreien, abzuschütteln was schon solange auf unseren Schultern lastete. Loslassen verspricht Erleichterung, aber Loslassen kann auch schwer fallen. Warum ist das eigentlich so? Schließlich haben wir oft gute Gründe dafür, an einer belastenden Beziehung, einem sinnlosen Job, einer lieb gewordene Gewohnheit festzuhalten. Im Grunde wissen wir ganz genau, dass uns ein RESTART gut täte. Doch gerade in dem Moment, wo wir was Neues beginnen könnten, mischen sich beklemmende Empfindungen in unseren Gedanken. Es heißt jetzt Abschied nehmen. Unbewusst treten wir auf der Bremse. Fragen wie " Wo wird mich diese Reise  hinführen?" 

" Was für Gefahren können dort auf mich lauern? "  " Gelingt mir das überhaupt? " usw. 

Viele unserer schönen Plänen und guten Vorsätzen bleiben auf der Strecke liegen, weil wir einfach Gewohntes nicht loslassen können. Die Frage die sich stellt: "  Warum ist das so?"  Weshalb beflügelt uns unser Wunsch nach Veränderung, die Chance zur Weiter - Entwicklung nicht einfach so automatisch? Was geht in uns vor, wenn wir auf sandigen Boden stehen und uns unsicher sind. Abschied nehmen oder weiter so machen wie bisher?

Gedanken kommen auf, etwas riskieren oder festhalten am Erprobten, an dem was wir schon kennen?

Anklammern ist unser Natur. Neurobiologen, Psychiater und Psychologen wissen heute recht genau, warum es mitunter sich so bedrohlich anfühlt. etwas zu verabschieden, los zulassen. Zentrale Faktoren sind die Eigenarten unseres Gehirns, unsere sogenannten Urängste und unser mächtiger Wunsch nach Bindung.

Loslassen müssen wir erst einmal erlernen. Klingt komisch, oder ? Doch zu Beginn unseres Lebens ist die Bindung z.B. zur Mutter unverzichtbar. Ein Baby greift nach unserer Hand, nach unserem Gesicht, schmiegt sich an. Losgelöst von seiner z.B. Mutter würde es nicht überleben. Sicherheit ist ein biologisch verankertes Grundbedürfnis. Loslassen hingegen enthält immer eine gewisse unwägbare Komponente. Aus diesem Grunde fühlen wir Menschen

Unbehagen / Angst wenn wir unsere alten " Trampelpfade " verlassen.

Befindet sich das Kind in einer Angst einflößenden Situation sucht es sich in solchen Momenten stets Schutz, in Form von Körperkontakt oder zumindest wird der Blickkontakt zu den Eltern oder einer anderen Bindungsperson hergestellt.

Bei uns erwachsenen Menschen sind solche Reaktionen nicht mehr offensichtlich, aber im Grunde ändert sich nicht viel. Wann immer wir in Angst einflößenden Situationen geraten, wird unser Bindungssystem aktiviert, sagt der Münchner Psychiater und Bindungsforscher Karl - Heinz Brisch. Im Klartext heißt das, wenn wir auf dem Sprung zu etwas Neuen Ufern sind, benötigen wir erst recht das Gefühl, gebunden zu sein. Daher rühren auch die Rituale z.B. eine letzte Abschiedsparty vor dem Beginn eines Auslandsstudiums oder der Junggesellenabend mit Freunden vor der Hochzeit. 

So versichern wir uns der Unterstützung durch Verwandte / Freunde. 

Eine Raffinesse unseres Gehirns verstärkt unsere Neigung in gewohnter Gesellschaft zu bleiben. Für unser Gehirn ist sehr anstrengend herauszufinden, was unserer Gegenüber von uns will, zumal wenn er uns fremd erscheint. Neues zu verarbeiten verschlingt in unserem Denkorgan große Mengen von Zucker und Sauerstoff. Immer wenn unser Gehirn mit solchen komplexen Aufgaben konfrontiert wird , versucht

 es, Energie zu sparen.

Gehirn eigener Bonus

Das Gehirn wandelt alles tun so schnell wie möglich in Routinehandlungen um. Wenn wir artig Automatisiertes ausführen z.B. vom Aufstehen, über das Zähneputzen, weiter zum Kaffee kochen bis zum späteren Hallo zu unserer Kollegin / unserem Kollegen, belohnt uns unser Gehirn. Es schüttet körpereigene Opiate, sogenannte " Wohlfühldrogen " aus. Das ist der zentrale Grund dafür, warum uns Menschen unsere Gewohnheiten so lieb und teuer sind. 

Es besteht der Wunsch nach Routine und Verlässlichkeit. 

Wer sich verändern möchte, schlägt sich, sowohl mit unseren evolutionären tief verwurzelten Bindungswünschen, als auch mit den mehr oder weniger ausgeprägten Widerständen des Gehirns herum. 


Dies ist war ein kurzer Einblick in unser " Bindungssystem " und wie unser " Denkapparat " chemisch auf das Loslassen reagiert.

Share by: